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Pierre Brice: Nah-Tod-Erlebnis

Pierre Brice Pierre Brice Interview

* Hätte ich nicht getötet – wäre ich getötet worden

* Ein Autorennen mit Lex Barker hätte mich fast das Leben gekostet

* Ich hatte ein Nah-Tod-Erlebnis

* Man wollte mein Beim amputieren

* Ich habe 3000 Schutzengel

August 2011

Man kennt Sie nicht nur als Winnetou, sondern auch aus der  ARD-Telenova „Rote Rosen“

Ja, da habe ich einen Hotel-Direktor gespielt, der einer jungen Frau einen Ausbildungsplatz anbietet. Es war natürlich ein ganz anderes Metier als die sogenannten Indianer-Filme. Aber Hut ab, das Dreh-Team war toll und alle Schauspieler Profis. Mancher lächelt ja über solche Serien und über solche Schauspieler. Aber alle arbeiten hart und stehen sehr unter Zeitdruck. Den Schauspielerin wird wirklich sehr viel abverlangt. Und das bei der doch nicht gerade üppigen Gage.

Stört es Sie, dass man Sie immer noch als Winnetou sieht?

Oh nein, überhaupt nicht. Diese Rolle hat mich groß gemacht. Eine ganze Generation groß gemacht. Und ich habe diese Rolle gerne gespielt, weil Winnetou genau die Werte vermittelt, die auch für mich wichtig sind: Mut, Ehre, Würde, Wahrheit, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Davor habe ich ja oft Menschen ohne Moral gespielt. Und es freut mich, dass Winnetou auch heute immer  noch so beliebt ist. Das zeigt doch eigentlich, dass wir uns nach diesen Werten sehnen…

Aber Sie haben damals getötet – im Krieg. In Indochina…

Es war Krieg – ja. Ich - wir - wussten, gegen was und gegen wen wir gekämpft haben. Gegen eine Welt, die den freien Geist unterdrücken wollte. Vorher hatte ich ja schon den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Mein Vater war im Widerstand. Nicht nur das war prägend für mich, Dinge oder Situationen einfach hinzunehmen, sondern zu kämpfen, etwas dagegen zu tun. Dass dies nicht immer ganz einfach ist oder man sich dadurch in Gefahr begibt, das ist der Lauf der Dinge. Hätte ich nicht getötet, wäre ich getötet worden.

Sie waren mehr als einmal in Todesgefahr…

Ja, noch vor dem Indochina-Krieg. Da war ich mit einem Freund im Boot auf dem offenen Meer. Die Strömung zog uns immer weiter von der Küste weg. Schwimmen war undenkbar und ich dachte, dass mein letztes Stündlein geschlagen hat. Wenn wir gerettet werden, schwor ich mir, würde ich jeden Abend ein Dankgebet sprechen. Und das Wunder geschah. Auf einmal war ein Rettungsboot da. Und dann hätte es mich beinahe bei einem Auto-Wettrennen mit Lex Barker erwischt…

Wegen einem Auto-Wettrennen?

Ja. Ich weiß nicht was uns da geritten hat. Jedenfalls knallte ich erst gegen ein Brückengeländer, dann wurde wieder zurück geschleudert und ein LKW raste in mein Auto. Ich wurde aus dem Auto geschleudert. Ich sah nur noch wie Lex auf mich zustürzte und mitten auf der Straße ohnmächtig zusammenbrach. Es ist verrückt, aber ich war unverletzt und musste ihn nun wieder ins Leben zurückholen. Als er die Augen aufschlug, liefen ihm dicke Tränen übers Gesicht. Abends haben wir erstmal einen gekippt.

Viel schlimmer war aber Ihr Erlebnis mit der Tret-Mine…

Da hatte ich auch mehr als dreitausend Schutzengel. Es war im Krieg und eigentlich wollte ich den anderen jungen Kundschaftern zeigen, wie man Minen aufspürt. Und da bin ich selbst in eine getreten und wurde in die Luft geschleudert. Ich hatte dieses Nah-Tod-Erlebnis. Vor meinen Augen lief plötzlich mein ganzes Leben vor mir ab. Im Zeitraffer. Bis zur letzten Sekunde, wo ich allen Lebwohl sagte. Ich sehe heute noch die klaren Augen meiner Mutter, die mich dabei immer angeschaut haben.

Wahnsinn…

Ja. Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt. Aber wenn er gewollt hätte, dass ich zu ihm kommen soll, dann wäre es wohl passiert. Aber man sieht ja, dass es mich hier und jetzt immer noch gibt. Und dafür bin ich auch sehr dankbar. Ich will diese Militär-Zeit mit all den Gefahren nicht vermissen. Im Gegenteil. Sie hat mich geprägt. Disziplin, Ordnung, Kampfgeist, Mut, Kameradschaft – dies alles sind Charaktereigenschaften, die die Basis des Lebens bilden und auch bestimmen.

Beinahe wäre Ihnen ein Bein amputiert worden…

Ja, das stimmt. Auch das werde ich nicht vergessen. Es war ein Auto-Unfall und wieder einmal hatten meine Schutzengel sehr, sehr viel zu tun. Ich bin nachts durch die verschneiten Berge gefahren und war hundemüde. Da ist es passiert. Ich bin ins Rutschen geraten und gegen einen Baum gefahren. Im Krankenhaus erklärte der Arzt mir dann, dass mein Bein amputiert werden müsse. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit das nicht passierte. Zum Glück kam ich dann in ein anderes Krankenhaus, das mich vor der Bein-Amputation bewahrt hat.

Ihr Leben hätte sich verändert…

Oh ja. Winnetou ohne Bein. Undenkbar. Auch alles andere hätte sich im Leben bei mir geändert. Ich hätte mich zwar nicht aufgegeben und weiß nicht was aus mir geworden wäre. Aber wenn man bedenkt, dass manchmal Sekunden über das Leben entscheiden, dann ist einem auch bewusst, dass jede Sekunde im Leben wichtig ist.

Noch Wünsche?

Nein. Außer natürlich Gesundheit und dass ich noch lange arbeiten kann. Gerade habe ich meinen Buch-Roman fertig. Und dann kümmere ich mich um meine Aufgaben als UNICEF-Botschafter.

Petra Cichos

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