Marianne Koch Interview
Exklusiv
Marianne Koch Interview
· Ich habe eine Patientenverfügung
· Ich habe keine Angst vor dem Alter
· Ich habe keine Angst vor dem Tod
· Auch im Alter kann man noch jung sein
· Schönheits-Operationen lehne ich ab
Interview 1. August 2011
Frau Dr. Koch, herzlichen Glückwunsch zum 80. Geburtstag….
Vielen Dank. Es war jedenfalls kein trauriger oder wehmütiger Tag. Denn ich fühle mich in keiner Weise alt und propagiere immer, dass man auch im höheren Alter jung sein kann, sich jung fühlt und etwas dafür tun kann, um jung zu bleiben. Dafür habe ich ein 10-Punkte-Programm aufgestellt. Sie sind nur Richt-Werte, aber die Basis für ein junges Alters-Leben.
Bitte nennen Sie einige Punkte…
Ganz wichtig ist die Ernährung. Besonders, dass die Zellen entschlackt werden. Viel Gemüse, Obst, reduziertes Fett, wenig Kalorien, eingeschränkter Zucker-Konsum, keine Industrie-Nahrung. Dann alles vermeiden, was das Immunsystem schwächt: Rauchen, zu viel Alkohol, zu viel Sonne, zu wenig Schlaf. Gut ist körperliche Bewegung und natürlich immer zur Vorsorge-Untersuchungen gehen.
Wenig Zucker. Oh je – wie schaffen Sie das?
Da habe ich etwas Glück, denn ich bin überhaupt keine Naschkatze. Süßigkeiten auszuweichen war für mich noch nie ein Thema oder ein Verzicht. Natürlich meine ich nicht damit, dass man auf jegliche Schokolade oder Leckerei verzichten sollte. Es sollte eben nur in Maßen sein, wie alles. Besonders wichtig im Alter sind auch bestimmte Schutz-Impfungen und vor allem eine positive Lebens-Einstellung.
Haben Sie keine Angst vor dem Tod?
Nein. Es ist nun einmal Tatsache, dass das Leben endlich ist. Auch mein Leben. Natürlich beunruhigt ein es und man macht sich Gedanken. Es gehört Mut dazu dem Ende entgegen zu blicken. Für viele ist es aber auch eher die Verlust-Angst. Der Verlust, nicht mehr bei der Familie zu sein, dem Ehepartner. Die Kinder, die liebsten Menschen um sich herum zu verlassen und zu verlieren. Es ist auch nicht so sehr die Angst vor dem Tod.
Sondern?
Es ist eher auch die Angst vor dem Sterben. Die Art zu sterben. Das ist verständlich. Jeder möchte in Würde und schmerzfrei von dieser Welt gehen. Deshalb habe ich auch eine Patientenverfügung. Dabei ist es wichtig, einen nahen Menschen die Verantwortung zu übertragen, dass er in meinem Sinne entscheidet. Wichtig ist aber, dass man den Tod nicht negativ sieht.
Das sagt sich so leicht…
Wer mürrisch im Leben ist, geht auch mürrisch von dieser Welt. Das fällt mir immer wieder auf. Deshalb ist es so wichtig das Leben positiv zu sehen, jeden Tag zu genießen. Sich an Dinge erfreuen. Ältere Menschen sollten sich mit jungen Leuten unterhalten. Sie sollten sich nicht an den Rand der Gesellschaft drücken lassen. Noch Pläne schmieden, Dinge ändern, aktiv sein. Egal wie lang oder kurz die Tage noch sind.
Woran leiden ältere Menschen besonders?
Ich glaube an Einsamkeit. Es gibt ja nicht mehr diese Groß-Familien-Struktur. Viele ältere Menschen leben allein und einsam. Aber das muss nicht sein. Ein Punkt in meinem Jungsein-Programm ist auch das Gehirn-Training. Ganz wichtig. Zum Beispiel fällt mir der Fahrkarten-Automat ein. Der fordert einen schon heraus. Aber weglaufen nützt nichts. Ich will ja meine Fahrkarte und es ist gut, dass ich dadurch die Technik lerne.
Was halten Sie von Schönheits-Operationen?
Nicht, aber auch gar nichts. Mann kann auch im Alter Attraktivität und Erotik ausstrahlen. Wobei das Wort Alter eigentlich nicht schön ist. Wann beginnt es? Ab wann bin ich alt? Das ist leider so negativ besetzt. Allerdings hat sich der Altersbegriff verwandelt. Es gibt nicht mehr die typische Alte mit Haarknoten und Krückstock oder Kopftuch und Strickzeug. Auch Großmütter sind heute attraktiv und agil.
Hm, Sie sehen ja noch ganz besonders jung aus…
Sie meinen damit, dass ich ja gut reden kann, nicht wahr? Nein, nein, ich spüre auch die Jahreszahlen und bin längst nicht so diszipliniert oder gehe so streng mit mir um wie viele glauben. Zum Beispiel sieht mein Büro oft ganz und gar nicht perfekt ordentlich aus. Da liegt Papierkram rum, da ist Post, die ich schon längst beantwortet haben müsste. Da gibt es viele Dinge, die ich vor mir her schiebe, weil ich gerade keine Lust habe.
Aber Sie sind schon sehr diszipliniert…
Sagen wir so: wenn ich ein Versprechen gebe, halte ich das auch ein. Ich bin auch sehr zuverlässig meinen Mitmenschen gegenüber. Aber ich lebe nicht nach strengem Stundenplan. Das wäre ja schlimm. Aber natürlich bin ich auch Ärztin und habe vor meinem Körper Respekt. Also ich achte auf Signale beziehungsweise halte ich die vorhin genannten Punkte ein. Auch deshalb, um mich einfach wohler zu fühlen. Wer möchte schon krank sein?
Eigentlich haben Sie alles erreicht. Film-Star, Ärztin, Anerkennung. Noch Wünsche?
Erreicht? Ich weiß nicht. Eher dass ich sagen kann, dass ich mir Dinge im Leben erfüllt habe, die ich gerne machen wollte. Das ist ein großes Geschenk. Deshalb habe ich eigentlich keine Wünsche mehr. Zumal mein letzter Wunsch, ein Herz-Buch zu schreiben, gerade in Erfüllung gegangen ist. Ein Buch rund um das Herz. Denn das Herz ist das Herz. Mehr als wichtig. Aber lesen Sie es einfach…
Petra Cichos