Internet Channel High5 / Interview mit Maxi Gräff
Deutsche Internet-Channels
Daumen hoch – Daumen runter
Interview mit Maxi Gräff vom Internet-Channel High5
Seit 2011 gibt es auch im deutschen Internet die sogenannten YouTube-Channels. Inzwischen 13 an der Zahl. Konkret: Das sind Internet-Kanäle mit eigenen Video-Formaten. Grob vergleichbar wie Fernseh-Sender mit einzelnen Magazinen, Serien, Talk-Shows, Nachrichten etc. Aber gegen diesen TV-Vergleich wehren sich die jungen Channel-Macher. Zum Beispiel Maxi Gräff, 27, vom deutschen Internet-Youtube-Kanal „High5“ aus München.
Interview mit Maxi Gräff,27, Project Manager und Channel Host bei High5, IDG Entertainment GmbH München (Interview autorisiert)
Daten:
High5 auf Youtoube. Gründer: IDG Entertainment. Start am 1.Dezember 2012. Ein Jahr später, Dezember 2013 etwa 20 Millionen Klicks. Über 150 000 Abonnenten. Pro Tag ein Video (außer Sonntags) mit einer Länge von ca. 4 bis 30 Minuten. Themen sind vorrangig: Vorschau-Filme, Trailer, Film-Kritiken, Computer-Neuigkeiten, Computer-Spiele, Comics, Satire, Interviews mit Schauspielern, Comedy-Leuten, Nerds, aktuelle Themen und alles, was zur Popkultur gehört.
Interview mit Maxi Gräff
Erst einmal die Frage: Was heißt High 5? Wer ist High5? Was macht High5?
High5 ist unser Eigenname. So wie Sat1, eben Sat1 heißt. High ist abgeleitet aus der englischen bzw. amerikanischen Szene: Gib mir five. Also wenn man mit den Händen eine Art Handschlag macht. Die Zahl fünf deshalb, weil eine Hand fünf Finger hat.
Was macht High5?
Wir sind seit Dezember 2012 Teil des Original-Channel-Programms auf YouTube. Außer Sonntags kann man uns jeden Tag im Internet sehen. Montags reden wir zum Beispiel über die kommende Woche, aktuelle Themen, neue Angebote im Bereich Computer, Handy, Spiele, Filme, Videos. Und weil das oft sehr spannend ist, heißt dieses Format endlich Montag.
Und die anderen Tage?
Da laden wir oft Gäste, Fachmänner oder Fach-Frauen ein, die mit uns über die neueste Computer-Spiele diskutieren. Oder einen Comic-Fachmann oder Musiker oder Schauspieler. Freitags gibt es bei uns eine reine Community-Sendung. Da beantworten wir Fragen unserer Community. Denn zu allen Sendungen dürfen und sollen Kommentare abgegeben werden.
Wer einen Kommentar schreibt, gehört zur Community?
Das muss er selbst wissen. Bei uns ist der Eintritt frei. Es gibt zwar einen Abo-Button, also Abonnenten-Klick, der aber kostenlos ist. Im Dezember 2013 haben wir die 150 000 – Marke geknackt. Also 150 000 Abos. Und fast 20 Millionen haben uns schon angeklickt. Das ist schon eine schöne Zahl und zeigt uns auch die Treue und vor allem die Resonanz unseres Programms.
Es gibt auch den Daumen-Hoch- und- Daumen- Runter-Klick….
Ja, die sogenannten Likes oder Nicht-Likes. Wie im römischen Reich. Wenn die Zuschauer den Gladiatoren geköpft oder lebend sehen wollten. Das ist bei uns ja der Unterschied zum Fernsehen. Die Community bestimmt in einer sehr ausschlaggebenden Form unsere Formate. Wobei ich dazu sagen muss, dass unsere Community vorrangig kreativ und respektvoll ist.
Also keine unflätigen Worte, Beschimpfungen?
Natürlich gibt es immer wieder Trolle. Apropos Trolle. Auch dazu haben wir ein Video gemacht. Das sind die Internet-Trolle, die pausenlos irgendwo rum motzen, sich mit blöden Kommentaren einmischen, um die Leute aufzumischen. Unser Tipp dazu: einfach ignorieren, trollen, brüllen, schreien lassen. Diese heißt, dass wir auch Tipps und Ratschläge geben. Oft auf lustige Art.
Dann bestimmen die Zuschauer im Prinzip die High5- Inhalte?
Wir nehmen sehr viel Rücksicht darauf –ja. Und wenn prozentual der Wunsch sehr groß ist, erfüllen wir den Wunsch gerne. Zum Beispiel einen bestimmten Gast einzuladen oder über ein bestimmtes Thema reden. Zum Beispiel, ob Computer-Spiele wirklich krank und süchtig machen. Prima ist ja, dass wir selbst keine speziellen Themen-Vorgaben haben.
Wird bei den Kommentaren geschummelt? Gute rein, böse raus?
Nein, gar nicht. Gibt es unqualifizierte Kommentare oder diese Trolle, dann werden die meist von anderen Community-Leuten gemeldet, also entfernt. Eigentlich ist es interessant: Ich bin immer erstaunt, wie heftig es bei den Online-Zeitungs-Artikeln-Kommentaren oft zu geht. Von erwachsenen Menschen. Bei uns jüngeren Leuten herrscht manchmal mehr Respekt.
Welche Altersgruppe schaut High5?
Das fängt so mit 15 Jahren an und hört bei etwa 35 Jahren auf. Der Mittelwert wäre so zwischen 18 und 30. Wobei ein Viertel weiblich ist. Und da wir eine Mischung aus Comedy, Fach-Themen, auch ernste Themen und all das haben, sprechen wir verschiedene Zuschauer-Mentalitäten, Interessen und Charakteren an.
Was ist der Unterschied zu den anderen Videos, die sich auf YouTube tummeln?
Es gibt in Deutschland 13 offizielle Channels, die von YouToube unterstützt werden. Als wir uns beworben haben, mussten wir ein Expose´ vorlegen, also unsere Format-Idee. Wie viele sich damals beworben haben, weiß ich nicht mehr genau. Jedenfalls gab es für uns dann von YouToube Daumen hoch. Freu, freu.
Und damit auch eine YouToube-Finanz-Spritze…
Wie das genau ausgetüftelt ist, weiß ich nicht genau. Wir gehören ja zu einem Verlag. Dadurch haben wir natürlich gegenüber den privaten Video-Machern auf der YouToube-Plattform Vorteile: Zum Beispiel ist unser Arbeitsplatz gleichzeitig Studio mit wirklich professioneller Technik. Und wir selbst sind ja auch ausgebildet.
Und Sie werden gegenüber privaten Hobby-Video-Machern bezahlt…
Ja, aber nur, weil wir es innerhalb unserer redaktionellen Verlags-Arbeit machen. Wobei natürlich die Videos sehr aufwendig sind. Konzepte machen, kleines Drehbuch schreiben, dann Aufnahme, dann Schnitt und so weiter. Also insofern wirklich wie beim Fernsehen. Wir hatten sogar auch eine richtig kleine Film-Serie, eine Koch-Serie und jetzt Bastel-Serie.
Sie selbst haben bei High5 ein eigenes Format „Maximum love“…
Ja, das kommt immer sporadisch. Manchmal nenne ich es auch Maximum life. Ich heiße ja Maxi. Es sind Themen rund um Liebe, Partnerschaft, Leben, Gefühle, Sozialität. Zum Beispiel, dass Facebook auch manchmal ein Beziehungs-Killer sein kann. Demnächst starte ich aber innerhalb von High5 einen eigenen Kanal.
Wer sind die anderen High5er?
Den Hauptpart, die Stammbesetzung, bilden Nino Kerl und ich. Nino, hat ein Faible für japanische Zeichentrick-Serien hat. Dann ist da noch Nico, unser Kamera-Experte, Schnitt-Meister. Dann Michi, Michael Obermeier, der Film-Experte. Und wir haben feste Gäste. Wir sind alle ganz normal und authentisch. Wir verstellen uns nicht.
Wer ist der Chef?
Innerhalb unseres Teams gibt es keinen Chef. Das läuft alles sehr demokratisch ab. Wir verstehen uns alle auch super. Wir alle arbeiten beim IDG-Verlag in München. Ein Medien-Unternehmen, welches auf IT-Themen, Computer-Themen, Computer-Spiele spezialisiert ist. Deshalb arbeiten wir auch noch für die Zeitschriften GameStar, GamePro und SIMS.
Und wer bezahlt insgesamt High5?
Noch zur Chef-Frage: Natürlich haben wir einen obersten Chef, den IDG-Geschäftsführer Andre Horn. Er unterstützt uns sehr. Und da der Verlag schon länger mit YouTube kooperiert hat, kam es auch zu der jetzigen Zusammenarbeit bzw. zu High5. Außerdem werden wir noch von google unterstützt. Genaue Zahlen zum finanziellen Aspekt, kann und darf ich natürlich nicht nennen.
Im Internet ist High5 schon Kult. Oft fällt auch der Begriff Nerd…
Hm, ob wir schon kult sind, kann ich nicht so richtig sagen. Die Resonanz wird aber immer stärker –ja. Irgendwie hat man das Gefühl, dass aus einer kleinen Familie eine Groß-Familie wird. Das ist aber ein schönes Gefühl. Wir haben zum Beispiel auch das Gefühl, dass wie eher eine Arbeits-WG sind, statt starre Büro-Schreibtisch-Alltags-Leute.
Warum sind die Videos oft so kurz?
Erfolgreiche Web-Videos im Internet sind oft nicht länger als drei oder vier Minuten. Man will einfach nur kurz was schauen, rein schauen, als ob man nur kurz guten Tag und dann gleich wieder Tschüss sagt. Aber mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck die Tür dann wieder zuknallt. Das sind die Videos mit kurzen Fakten, Abrissen. Top-Tens. Die haben sehr viel Klicks.
Und die längeren Videos?
Das sind dann die 30 Minuten-Videos. Da quatschen wir, diskutieren wir oder albern einfach auch nur rum. Natürlich gibt es auch ernste Gespräche, Interviews. Auch die kommen gut an, weil man da einfach in Ruhe schauen kann. Also Tür nicht gleich wieder zu, sondern mit Naschkram vor dem Bild-Schirm. Apropos Nerd…
Ja. Apropos Nerd…
Früher war der Begriff Nerd etwas negativ besetzt. Der Typ, der einen Spleen hat, etwas dümmlich durch die Welt geht, zwar intelligent auf Spezial-Gebieten ist, aber trotzdem irgendwie lächerlich. Siehe die Symbole große Brillen-Gläser, Star-Wars-Shirts, karierte Westen oder ähnliches. Heute steht Nerd eher für spezielle Leidenschaft. Also ich bin ein Halo-Nerd, stehe für Xbox-Spiel. Nino ist ein Anime-Nerd…
Jetzt wird es wirklich speziell. Was ist Ihr Ziel? High5-Ziel? Fernsehen ablösen?
Nein, das ist nicht unsere Absicht und auch nicht so angedacht. Die Internet-Channels bedienen eher die Nischen, die das Fernsehen nicht bietet. Außerdem sind wir ja tausend Mal flexibler als Fernsehen. Wir sind auch noch ziemlich locker, haben eher eine private und authentische Ausstrahlung.
Vielleicht macht es gerade das so erfolgreich…
Ja, das glaube ich auch. Wir schwatzen ja auch nicht irgendeinen Kram oder führen Leute vor wie bei das TV-Super-Model oder so. Oder schimpfen auf die Welt oder so. Im Prinzip könnte man es schon ein wenig vergleichen wie mit den Anfangs-Zeiten der privaten Fernseh-Kanäle. Da waren die erst etwas unbedarft, chaotisch, aber voller Tatendrang und Phantasie.
Und heute etwas langweilig und ermüdet?
Ach, das müssen die selbst für sich einschätzen. Nein, ich denke eher, dass wir noch so schön klein und familiär sind. Eben Nische. Die Fernseh-Sender wurden ja oder waren gleich sehr groß. Mit einer Macht- und Geld-Fülle im Rücken. Wir sind doch nur kleine Nerds mit etwas Spass und Lebensvielfalt.
Jetzt machen Sie sich aber etwas klein. Das kann auch ein Trick sein…
Ach was. Außerdem liebt es unsere Community selbst zu bestimmen was und wann sie etwas schaut. Computer an, Video schauen, Kommentar abgeben, Kommentare lesen, Verbesserungs-Vorschläge machen, Wünsche schreiben. Das ist auch eine Form von Aktivität, Mit-Bestimmung. Beim Fernsehen bin ich an Zeiten gebunden, kann meinen Senf nicht dazu geben.
Und Wünsche erst recht nicht stellen…
Eben. Daher passiert es ja vielen Fernseh-Sendern, dass sie manchmal völlig daneben liegen oder der Moderator seine Nase schon zu hoch trägt. Das Publikum ihn eigentlich nicht mehr sehen will, aber die Fernseh-Macher da oben denken: Aber hallo, der war doch mal was, der ist doch top, für den haben wir doch so viel bezahlt.
Früher gab es Revolutionen. Die heutige Jugend kommt mit starken, leisen Sohlen…
Ah, da ist vielleicht was dran. Das Internet zeigt ja, wie stark die jetzige Generation eigentlich ist. Was sie will oder nicht will. Wir sind nicht laut, aber auch nicht verhuscht. Wir sagen unsere Meinung, aber respektvoll. Wir schmeißen nicht mit Steinen, aber drehen den Daumen hoch oder runter. Ich finde das echt toll.
Zum Schluss die Frage, wie Sie überhaupt zu High5 gekommen sind….
Im Telegramm-Stil: Abitur, Medien-Management in München studiert, dann IDG-Verlag bei den Zeitschriften GameStar und GamePro und SIMS. Speziell über Computer-Spiele geschrieben. Jetzt High5. Früher ein Jahr Schüler-Austausch Amerika, davor auch in Holland und Ost-Deutschland gelebt. Also sehr flexibel und cosmopolitan.
Vielen Dank für das Gespräch…
Gerne, bitte. Einfach mal schauen. Entweder im Internet unter google high5 tv eingeben. Oder bei YouTube und dann High5 TV eingeben. Oder Facebook Hig5. Und wissen Sie was das Gute ist? Jede konstruktive Kritik bringt uns einen Schritt weiter, Der Zuschauer bastelt sich also sein eigenes Format. Das ist wirklich sanfte Fernseh-Verhalten-Revolution.
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August 2013
Text/ Interview und Fotos honorarfrei / aktualisiert Dezember 2013