Hans Rosenthal-Witwe Traudl
Interview Hans Rosenthal-Witwe Traudl
10.Dezember 2007 –
Bitte in Verbindung mit Hans-Rosenthal-Spenden-Konto bringen
Wir waren damals beide beim Berliner Rundfunk. Ich als technische Zeichnerin und Hans als Hansdampf in allen Gassen. Aber noch kein Sprecher, sondern so eine Art Mädchen für alles. Organisiert, die Schauspieler versorgt, sich um alles gekümmert. Jedenfalls hat er mich in der Kantine angesprochen, denn ich wäre ihm vorher schon immer aufgefallen, hat er mir später mal gesagt. Mein Interesse war aber mehr als gering, denn ich dachte, dass er viel jünger wäre. Dabei war er ja ein paar Jahre älter. Nachdem wir aber zusammen waren, habe ich mich ein paar Jahre älter gemacht, weil es mir peinlich war.
Und dann haben Sie gleich geheiratet?
Geheiratet haben wir 1947. Aber vorher gab es die klassische Verlobung und Hans hat vorher ganz brav in einem geliehenen Smoking vor meiner Mutter gekniet und um meine Hand angehalten. Er war damals schon ein Schlingel und dachte sich, wenn er sich schick macht, dass er das vollkommene Bild eines vollkommenen Ehemannes darstellt. Dann hat er die damals noch nicht ganz ungefährlich Nachkriegsreise Berlin-München gemacht, um Eheringe von seiner Tante zu besorgen. Meinen trage ich natürlich immer noch, den anderen hat mein Sohn. Für die Hochzeit hatten wir Lebensmittelkarten gespart.
War Ihr Mann daheim auch so quirlig wie auf der Bühne?
Er war, und da habe ich ihn immer bewundert, so unglaublich positiv und kreativ. Spontan und liebenswert. Er hat sich immer Sachen einfallen lassen, damit wir Spaß und Freude haben. Damit er mir Freude geben kann. Und natürlich den Kindern. Wir haben so viel erlebt. Waren auf Galen, Bällen, Kreuzfahrten. Haben so viele Menschen aus allen Bereichen kennen gelernt. Dafür, und so sagte er mir auch kurz vor seinem Tod, kann man nur dankbar sein. Dabei hatte er ja während des 2. Weltkrieges eine schreckliche Zeit. Seine Eltern waren gestorben, sein kleiner Bruder vermisst und er musste sich zwei Jahre verstecken.
Weil er jüdischer Abstammung war…J
a. Umso bemerkenswerter ist es, wie unglaublich positiv er später war. Andere wären daran zerbrochen. Sein kleiner Bruder wurde, wie er später erfahren hat, deportiert und ist umgekommen. Auch seine anderen Familienmitglieder. Deshalb war er so glücklich, dass meine Eltern und meine Familie ihn so gut aufgenommen hat, er sozusagen eine Ersatzfamilie gefunden hat. Und er hatte keinen Hass auf die Deutschen. Denn nicht alle waren Nazis, wie er oft betont hat. Zum Beispiel die deutsche Frau, die ihn versteckt hat. Oder als diese dann starb, deren Nachbarinnen.
Als Ihr Mann von Ihnen gegangen ist. Wie haben Sie es überwunden?
Schwer, sehr schwer. Ich habe zwar versucht tapfer zu sein, aber jeder der trauert weiß, dass der Verstand keinen Einfluss auf den Seelenschmerz hat. Ich, die sonst nicht mal ein Zipperlein hatte, habe plötzlich schwere Diabetes bekommen. Überhaupt schien es so, als ob meine Körper nicht mehr wollte. Weil ich wahrscheinlich auch nicht mehr wollte. Bis meine Tochter nach einem Jahr sehr harte Worte gesprochen hat. Sie hat mir vorgeworfen, dass ich die Nächste wäre, die sie zu Grabe tragen muss. Und ob ich das wolle. Sie hat mich wieder aufgerüttelt.
Wie geht es Ihnen heute?
Gut, sehr gut. Ich habe wieder Spaß am Leben und genieße es und lasse mich nicht mehr so leicht unterkriegen. Denn ich bekam dann auch noch Brustkrebs. Und diese Diagnose riss mir natürlich auch die Füße unter dem Boden weg. Aber auch da hat mir der Zusammenhalt meiner Familie sehr viel geholfen und mir Mut gemacht und Kraft gegeben. Ich kann sehr gut nachvollziehen, was das Ehepaar Heck, mit dem mein Mann und ich befreundet waren, jetzt durchgemacht hat. Ich wünsche ihnen alle Kraft dieser Welt. Sie sind so ein tolles Paar. Und ich weiß, sie werden es schaffen.
Jetzt setzen Sie Ihre ganze Kraft für die Hans Rosenthal-Stiftung ein…
Nicht ich alleine. Wir sind ein wunderbares Team. Diese Stiftung, die sich damals schon mein Mann gewünscht hat, hilft Menschen schnell und unbürokratisch. Es sind Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind und die auf Hilfe anderer angewiesen sind. Zum Beispiel hat gerade ein siebenjähriges Mädchen einen Unfall erlitten und ist gelähmt. Für dieses tapfere Mädchen wäre ein Computer, den es mit dem Mund bedienen kann, sehr schön. Denn geistig ist sie hellwach und so ein Computer würde ihr nicht nur Freude machen, sondern auch die Entwicklungs-Lebensqualität steigern. Kassen bezahlen ja so etwas nicht.
Also sammeln Sie fleißig Spenden…
Wir sind über jede, auch noch so kleine Spende dankbar. Jeder Cent hilft. Jürgen von der Lippe ist übrigens ein wunderbarer Spendensammler. Nicht nur er selbst spendet oft seine Gage, sondern hat auch wie bei Günther Jauchs Sendung wer wird Millionär, seinen Gewinn uns zukommen lassen. Da haben wir uns natürlich sehr gefreut und können sehr viel Gutes damit tun. Und ich bin sicher: Hans schaut uns von da oben aus zu…
Und ruft: Das war Spitze….
Könnte ich mir vorstellen. Oh ja. Er hat ja auch zu Lebzeiten sehr vielen anderen Menschen geholfen. Aber er hat sich auch immer sehr schlau gemacht wie und was man tun kann. Das tun wir mit der Stiftung auch. Konkret werden, Lösungen anbieten. Wenn mein Mann zum Beispiel einen Begriff nur oberflächig kannte oder über eine Krankheit nichts wusste, hat er im Lexikon nachgeschaut. Überhaupt hat er immer ins Lexikon geschaut. Ich sehe ihn immer noch vor mir. Wie er da steht und liest. Manchmal laut. Ach, ich vermisse ihn noch sehr. Manchmal schmerzt es immer noch sehr.
Info: www.hans-rosenthal-stiftung.de
Berliner Bank, Konto-Nr.: 99 75 4444 00, BLZ: 100 200 00
Die Trauer begleitet Sie immer noch?
Ich weiche bestimmten Berührungspunkten aus. Wie zum Beispiel mir nicht seine alten Shows anzusehen. Denn natürlich ist mein Mann noch mit allen Facetten in meinem Herzen. Ich war 18 Jahre alt, als wir uns kennen gelernt haben. Er hat den größten und wichtigsten Teil meines Lebens begleitet. Und es war unglaublich schön. Das zu vergessen oder dem nicht nachzutrauern, seine große Liebe zu mir und umgekehrt – das geht einfach nicht. Aber wenn ich zum Beispiel an unser Kennen lernen denke, dann muss ich eher lachen als weinen.Es war einfach zu komisch.
Frau Rosenthal, das Deutschlandradio-Kultur bringt wieder alte Hans Rosenthal-Sendungen.
Ja, das hat mich sehr gefreut. Und die Resonanz ist, wie ich gehört habe, wohl auch sehr gut. Manchmal höre ich mir auch die herrliche Sendung meines Mannes „Allein gegen Alle“ an. Da muss ich dann manchmal richtig lächeln oder es wird mir warm ums Herz. Seine Fernseh-Sendungen kann ich mir allerdings nicht anschauen. Das ist zu viel für mich. Ihn dann vor mir zu sehen – nein – das wäre so, als ob Hans bei mir hier im Zimmer stehen würde. Das geht nicht. Das würde mir doch noch zu sehr weh tun. Auch wenn es jetzt 20 Jahre her ist, als er von mir gegangen ist.