Siegfried Rauch: Eine ehrliche Haut. Interview
Siegfried Rauch Interview
· Ich weiß nicht, ob ich Morgen noch lebe…
· Ich würde für meine Familie töten
· Ich habe keine Angst vor dem Tod
· Wer über das Traumschiff lästert, ist arm dran
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Herr Rauch, es weihnachtet bald sehr…
Oh ja – und darauf freue ich mich auch schon sehr. Es ist eine der schönsten Jahreszeiten. Alles ist irgendwie anders. Auch wenn manche den Weihnachtsbaum und alles Drumherum als Kitsch abtun: ich liebe es. Besonders schön ist es natürlich, wenn dann dazu noch Schnee liegt oder man in den Bergen ist.
Sie haben ein Buch über die schönsten Weihnachts-Geschichten geschrieben…
Das stimmt. Persönlich erinnere ich mich aber auch immer gerne an die Weihnachtszeit in meiner Kindheit. Und so komisch es klingt, besonders in den Kriegsjahren. Als es kaum etwas gab. Als man sich über den kleinsten Lebkuchen gefreut hat. Allein schon der Geruch, der Duft. Und dann das langsame Zergehen auf der Zunge. Ein unwahrscheinlicher Genuss.
Den Sie nicht vergessen haben…
Ich liebe heute noch die einfachen Dinge. Ein Butterbrot. Frisch gebackenes Brot, frische Butter und etwas Salz. Auch das riecht unwahrscheinlich gut. Mehr braucht es dann eigentlich nicht. Oder gerade zur Weihnachtszeit Bratäpfel mit etwas Zimt. Allein wenn ich jetzt darüber rede, läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
Dann feiern Sie sicher auch klassisch Weihnachten…
Ja, mit allem Drum und Dran. Ein schön geschmückter Weihnachtsbaum, eine Krippe, im ganzen Haus Tannenzweige und Kerzen. Meine Söhne und meine Enkel-Tochter werden da sein. Wir gehen in die Kirche und dann gibt es Bescherung. Gesungen wird natürlich auch und ein langer Spaziergang durch den Wald gehört auch zur Tradition.
Was schenken Sie denn Ihrer Frau?
Das verrate ich natürlich noch nicht. Auf alle Fälle schenke ich immer etwas, bei dem man sich Mühe machen muss. Also nicht einfach in irgendein Geschäft gehen und etwas kaufen oder gar Gutscheine verschenken, sondern man muss sich da schon Gedanken machen. Allein schon um zu zeigen, dass man ganz Besonders an den anderen denkt.
Was haben Sie denn so in den letzten Jahren Ihrer Frau geschenkt?
Hm, ach ja, ich erinnere mich, dass meine Frau und ich mal vor einem Trachten-Geschäft standen. Da gab es einen schönen Trachtenrock aus Hirschleder. Sie hat geseufzt, dass der ziemlich teuer ist. Aber um ein Alibi zu finden ihn nicht zu kaufen, hat sie gesagt, dass ihr das und das am Rock doch nicht gefallen würde.
Also haben Sie den Rock dann gekauft unter dem Weihnachtsbaum gelegt….
Nichts da, nein, nein. Ich bin heimlich an den Kleiderschrank meiner Frau gegangen und habe von einem Rock ihre Maße abgenommen. Dann bin ich zu einem Schneider und wir haben einen wunderschönen Trachtenrock aus Hirschleder kreiert. Ihr Strahlen war für mich das schönste Weihnachtsgeschenk.
Ist die Weihnachtszeit für Sie auch eine besinnliche Zeit?
Ja, auch. Und ich bin immer wieder dankbar, dass ich so ein Leben habe. Allein schon der Beruf. Ich liebe meinen Beruf. Es ist ein Beruf, bei dem man nichts braucht. Ein Tischler braucht Holz und Werkzeug. Fast alle Berufe brauchen irgendetwas. Ein Schreiber braucht Papier oder den Füller oder den Computer. Ein Verkäufer Ware. Der Bäcker Mehl.
Sie brauchen nichts…
Ich brauche im wahrsten Sinne des Wortes nichts. Ich gehe zum Dreh, stelle mich hin und spiele. Ich bringe nur mich selbst mit. Und dafür bekomme ich noch Geld. Ist das nicht unglaublich? Zumal ich auch noch gerne die Rollen spiele. Ich habe nicht eine Rolle oder überhaupt irgendetwas im Leben bereut. So viel Glück macht manchmal demütig.
Wie meinen Sie das?
Ich sehe durchaus, was auf der Welt passiert. Ich sehe ganz besonders die Kinder-Armut. Deshalb unterstütze ich ja auch die Stiftung Kinderzukunft. Ich sehe viele Schicksalsschläge. Ich sehe Krankheiten wie Krebs, Schlag-Anfälle, Herzinfarkte. Ich maße mir nicht an zu glauben, dass es mir immer so gut geht. Ich weiß nicht, ob ich Morgen noch lebe.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ich denke nur bedingt darüber nach. Wie viele Jahre kommen noch? Wie wird wohl das Ende sein? Vor dem Tod habe ich keine Angst. Mein Leben war intensiv und schön. Aber natürlich möchte ich kein Pflegefall werden. Nicht weil ich das selbst nicht verkraften würde, sondern weil ich niemand zur Last fallen möchte.
Sie selbst könnten es verkraften, wenn Sie ein Pflegefall wären?
Ja. Ich habe ja auch das Glück angenommen. Also bin ich verpflichtet, auch das Unglück anzunehmen. Es wäre dann unfair zu jammern oder sich über das Schicksal zu beklagen. Das Problem ist nur, dass ich dann meine Mitmenschen damit belaste. Meine Frau. Ihr möchte ich das nicht antun. Oder den Kindern. Nein, dann lieber gleich Augen für immer zu und weg.
Würden Sie, um diese Belastung zu umgehen, selbst Hand anlegen?
Ich wäre der Typ – ja. Ich hätte die Kraft und den Mut der Konsequenz. Aber ich bin katholisch. Ich glaube an Gott. Ich hätte und habe nicht das Recht mich umzubringen. Auch wenn ich ein Alibi hätte. Eben um meiner Familie nicht zur Last zu fallen. Das gilt nicht. Aber was reden wir da jetzt. Mir geht es gut. Ich bin gesund und putzmunter.
Und arbeiten ohne Ende. Theater-Rollen, TV-Bergdoktor, Buch-Lesungen…
Aber es macht mir doch Spaß! Auch die Traumschiff-Kapitäns-Rolle habe ich gerne gemacht. Ich finde die Serie persönlich auch wirklich schön. Das Schiff, die Reisen, die Kulissen, die Handlungen. Es ist eine entspannende Unterhaltung. Kein Mord, kein Tod-Schlag, keine Aggression. Wer das Traumschiff verurteilt, ist arm dran.
Zum Beispiel Christoph Maria Herbst…
Ach der mit seinem Enthüllungs-Buch über das Traumschiff? Nun gut, wenn er meinte es schreiben zu müssen? Nur stimmen die Fakten nicht. Denn da äußert er sich über die Faulheit des Teams. Was für eine Überheblichkeit. Er war damals nur ein kleiner Rollen-Gast. Und dann noch nicht mal ein Guter. Das Team arbeitet sehr, sehr hart.
Laut Christoph Maria Herbst würden Sie nicht textsicher sein…
Es gibt den schönen Spruch: was schert es den Baum, wenn der Hund daran seine Notdurft verrichtet. Natürlich stimmt es nicht. Mich persönlich berührt sein Spruch nicht. Aber so unkollegial gegenüber dem Team zu sein. So abwertend, so arrogant und verhöhnend. Er verurteilt damit auch über acht Millionen Zuschauer pro Sendung.
Wenn jetzt Christoph Maria Herbst vor Ihnen stehen würde…
Dann würde ich ihn gar nicht sehen. Warum auch. Er ist nicht wichtig. Sein Buch ist ein Trittbrettfahrer-Buch und letztendlich hat er ja für unser Traumschiff Werbung gemacht. Man darf das alles nicht so wichtig nehmen. Mir wäre meine Wut viel zu schade für solche Menschen.
Wann können Sie denn richtig wütend werden?
Ich bin nie ein lauter Mensch gewesen. Brüllen und Schreien und Fäuste liegen mir fern. Aber wenn jemand meiner Familie etwas antun würde: ich würde ausrasten. Ich würde für meine Familie töten. Ich würde schon durchdrehen, wenn meiner Enkel-Tochter auch nur das kleinste Etwas angetan werden würde. Da wären mir Gesetze egal.
Was wünschen Sie sich für das Neue Jahr?
Bitte, bitte Gesundheit. Dann wünsche ich mir, dass diese verdammten Kriege aufhören. Übrigens haben die Soldaten im 2. Weltkrieg Heiligabend die Waffen zur Seite gelegt. Alle. Ob Russen, Amis, Deutsche. Heiligabend wurde nicht geschossen. Das wäre mein Wunsch für alle Weihnachten, für alle Tage, alle Jahre. Einfach Frieden.
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Petra Cichos / Interview aktualisiert November 2013